www.lesbengeschichte.de

Lesben und Nationalsozialismus: Gedenkstätten/-orte

Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück
[externer Link zur Gedenkstätte: https://www.ravensbrueck.de/]

Gedenkstätte Bergen-Belsen
[externer Link zur Gedenkstätte: https://www.bergenbelsen.de]





Ein ‚wildes' Gedenkzeichen für lesbische Frauen und Mädchen in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück


"In Gedenken und zur Sichtbarmachung der lesbischen Frauen und Mädchen im FKL Ravensbrück und Uckermark. Sie wurden als Verrückte, Widerständige, Asoziale und aus anderen Gründen verfolgt und ermordet."

Diese Zeilen sind auf einer ockerfarbenen Tonkugel eingraviert, die feministische Aktivistinnen am 18. April 2015 zum 70. Jahrestag der Befreiung auf dem Gelände der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück niederlegten. Zusätzlich zu der Inschrift unterstreichen zwei eingravierte Handumrisse, die mit Zeigefingern und Daumen ein Dreieck bilden, die lesbische Codierung des Gedenkzeichens.
Die Initiatorinnen, "Autonome FrauenLesben Deutschland/Österreich"1 platzierten die Tonkugel am Gedenkort Lagermauer. Dort, an einem Teil der historischen Lagermauer und auf der baumbestandenen Wiese davor, ermöglicht die Gedenkstätte seit einigen Jahren unterschiedlichen Erinnerungsgemeinschaften, Gedenkzeichen zu setzen. Darunter sind beispielsweise ein Gedenkstein für die aus Frankreich deportierten Frauen und Kinder und eine Gedenktafel für die Kinder im Lager.

Gedenktafel in Ravensbrück

Die Tonkugel für lesbische Frauen und Mädchen befindet sich nahe einer 2012 angebrachten Gedenktafel für Männer, die wegen Homosexualität im KZ Ravensbrück inhaftiert waren. Anders als die übrigen Gedenkzeichen an diesem Ort wurde die Tonkugel ohne Genehmigung der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten installiert. Darauf weist indirekt ein Bericht über die Gedenksteinsetzung aus Sicht der Initiatorinnen hin, der erklärt, für den "fixen Verbleib braucht es die Unterstützung von Besucherinnen und Aktivistinnen".2

Hintergrund der ‚wilden' Gedenkzeichensetzung im April 2015 sind vorangegangene - erfolgreiche wie erfolglose - Bemühungen von Brandenburger und Berliner Initiativen, in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück Gedenkzeichen für verfolgte Homosexuelle zu installieren.3 Ob es mit der ungenehmigten Aktion gelungen ist, ein dauerhaftes Zeichen zu setzen, wird die Zukunft erweisen. Im Oktober 2015 haben Besucherinnen die Tonkugel nach wie vor am Gedenkort Lagermauer gesichtet.

Corinna Tomberger (Berlin 11/2015)






1 Mehrsprachige Postkarte zur Gedenksteinsetzung von den Denkmalsetzerinnen.
2 In Gedenken an die verfolgten und ermordeten lesbischen Frauen und Mädchen, in: Die Krampfader. FrauenLesbenzeitschrift, H. 3 (Juli), 2015, S. 6.
3 Vgl. Tomberger, Corinna: Symbolpolitische Orte und geschichtspolitische Akteurinnen. Die Doppelrolle der Gedenkstätten im Streit um das Gedenken an verfolgte Homosexuelle, in: Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland, H. 16 (2015), hrsg. v. d. KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Bremen, S. 100-109. Die Vorgeschichte wie auch die Implikationen des neuen Gedenkzeichens werden auf dem Lesbengeschichtsportal demnächst ausführlicher erörtert.




Erstmals Erinnerungsort in einer Gedenkstätte


Gedenktafel für Felice Schragenheim

Seit kurzem befindet sich in der Gedenkstätte Bergen-Belsen eine Gedenktafel für Felice Schragenheim, die u.a. durch Erica Fischers Veröffentlichung („Aimee und Jaguar“, 1994) sowie Max Färberböcks Spielfilm bekannt geworden ist. Lange war unbekannt, wo Felice Schragenheim, die von ihrer „arischen“ Geliebten Lilly Wust „Jaguar“ genannt wurde, starb. 1999 erfuhr Erica Fischer von einer Zeitzeugin, dass Schragenheim zuletzt im KZ Bergen-Belsen war und dort im März 1945, kurz vor der Befreiung des Lagers, zu Tode kam. Die Familie von Felice Schragenheims nach England entkommener Schwester hat nun zu ihrer steten Erinnerung einen Gedenkstein gestiftet. Es ist wohl der erste Gedenk­stein in einer Gedenkstätte, der an eine frauenliebende Jüdin erinnert. Das Gedenkfeld liegt unweit der zentralen Stele für die jüdischen Opfer und nahe dem „Haus der Stille“.1


Christian-Alexander Wäldner und Claudia Schoppmann (Hannover/Berlin 2009)


Zitiervorschlag:
Wäldner, Christian-Alexander/Schoppmann, Claudia: Erstmals Erinnerungsort in einer Gedenkstätte. Hannover/Berlin 2009. [online] Availiable from: Online-Projekt Lesbengeschichte. Boxhammer, Ingeborg/Leidinger, Christiane. URL: <https://www.lesbengeschichte.org/ns_gedenkorte_d.html> [cited date].



Also available in print version: Wäldner, Christian-Alexander/Schoppmann, Claudia: Erstmals Erinnerungsort in einer Gedenkstätte. Scan aus: Invertito – Jahrbuch für die Geschichte der Homosexualitäten. Hamburg: Männerschwarm Verlag. Jg. 11, 2009, S. 145.





1 Eine andere Erinnerungsform sind die sog. Stolpersteine. Erwähnt sei hier nur die Hamburger Initiative „Stolpersteine für homosexuelle Opfer“ von Bernhard Rosenkranz und Ulf Bollmann, siehe www.hamburg-auf-anderen-wegen.de/ stolpersteine.





Weitere Links:


https://www.homosexuellen-denkmal.de


Initiative für einen Gedenkort:
http://www.gedenkort.de


http://www.homo-denkmal.de/


Frankfurter Engel:
https://www.frankfurter-engel.de/


Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas:
www.stiftung-denkmal.de/homosexuellendenkmal


Offizieller Flyer in deutscher pdf ("Informationen Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen") und englischer Sprache pdf ("Memorial to the Homosexuals Persecuted Under the Nationalist Socialist Regime")


Mahnmal zum Gedenken an die homosexuellen und transgender Opfer des Nationalsozialismus in Österreich


DER ROSA PLATZ:
https://www.publicartvienna.at/files/11.html


Homomonument Amsterdam:
https://www.homomonument.com/


Pink Point Homomonument Amsterdam:
https://www.pinkpoint.org/homomonument.htm


Aus dem Leben. Die nationalsozialistische Verfolgung der Homosexuellen in Wien 1938-45. Lost Lives – Nazi Persecution of Homosexuals in Vienna, 1938-45. Online-Ausstellung https://www.ausdemleben.at/